Donnerstag, 15.4., 13-20 Uhr
13:00 Vorträge Insa Wilke und Florian Baranyi
Insa Wilke (Berlin): Wrestling mit Setz. Setz wiederlesen.
Immer wieder hören Literaturkritikerinnen die Frage: Haben Sie sich schon einmal geirrt? Viele können dann ein literarisches Werk nennen, das sie heute ganz anders lesen als zur Zeit der Erstveröffentlichung. In diesem Sinne widmet sich Insa Wilke ihrer Lektüre von „Die Liebe zur Zeit des Mahlstädter Kindes“ aus dem Jahr 2011 und der von „Der Trost runder Dinge“ fast ein Jahrzehnt später. War das Wrestling damals? Eine Fehllektüre? Moralismus? – Mutmaßungen über den Zusammenhang von Lesen und Leben als Reflex der Texte von Clemens Setz.
Florian Baranyi (Wien): „Ich folge dem Storymodus längst nicht mehr“: Abschweifung und Wahrnehmung bei W.G. Sebald und Clemens J. Setz
Bei W.G. Sebald und Clemens J. Setz begegnen uns zwei verschiedene Spielarten unökonomischen Erzählens. Ist es bei Sebald der Modus der Abschweifung (Digression), der, insbesondere in „Die Ringe des Saturn“, das Erzählen am Laufen hält und um ein traumatisches Zentrum kreisen lässt, ist in Setz‘ Literatur eine verschobene, oft seltsame Wahrnehmung (Aisthesis) am Werk. Beide Schreibformen sperren sich gegen eine erzählerische Ökonomie und damit auch gegen eine ökonomisch fundierte Erzählung der Lebensführung. Der Beitrag lotet aus, wie Sebald und Setz über ihre Poetiken des unökonomischen Erzählens Formen der Dissidenz und Störung produzieren.
15:00 Vorträge Karla Mäder und Iris Hermann
Karla Mäder (Graz): Setz konkret: Theaterarbeit mit dem Unheimlichen.
Seit etwa sechs Jahren empfangen die Theater Clemens J. Setz mit offenen Armen. An die 20 Inszenierungen von Kurz- und abendfüllenden Stücken sind eine stolze Bilanz für den „Quereinsteiger“ ins Theater. Der Vortrag betrachtet im Spannungsfeld zweier Pole – einerseits die überraschende Unkompliziertheit des Autors, die die Arbeit leicht, andererseits die Kompliziertheit der Texte an sich, die sie schwer (und reizvoll) macht – das Spezifische von Setz‘ Stücken im Kontext konkreter Theaterarbeit.
Iris Hermann (Bamberg): Vom Trost des Erzählens bei Clemens J. Setz.
Clemens Setz’ Texte weiten unsere Wahrnehmung aus, sie erzählen von skurril agierenden Figuren, die daran erinnern, dass das Reale nur denkbar ist als eine Welt, die mit Surrealem rechnet. Seine Figuren finden sich hier oft nur bedingt zurecht, gerne erzählen die Texte von ihrem Bemühen, ihr Dasein zu meistern. Dabei tritt ihre Verletzlichkeit zu Tage. Um die geht es mir hier: Was leistet das Erzählen, um ihr zu begegnen? Können die Erzählungen am Rande des Vorstellbaren trösten? Wenn ja, wo findet sich Trost und wie wird er in den Erzählungen (unter Einbeziehung auch anderer früherer Texte) gespendet?
17:00 Vorträge Kalina Kupczynska und Klaus Kastberger
Kalina Kupczynska (Lodz): Poetik der (nicht immer runden) Dinge: Thing-Power in den Erzählungen von Clemens J. Setz.
In ihrer Studie Vibrant Matter. A Political Ecology of Things (2010) entdeckt Jane Bennett Ding-Welten, die unabhängig vom menschlichen Willen eine Lebhaftigkeit entwickeln. Sie erzählt von Metallen, von Bakterien, von Strom, von Müll – und legt nahe, dass die Trennung zwischen dem Menschlichen und dem Nicht-Menschlichen, zwischen der menschlichen agency und der leblosen Materie die Perspektive auf die Realität erheblich verengt. Bennetts Vorschlag, das Anthropomorphisieren gegen den Anthropozentrismus einzusetzen, möchte ich anhand einiger Erzählungen aus den Bänden Der Trost runder Dinge und Die Liebe zur Zeit Mahlstädter Kindes als einen möglichen Wegweiser durch eine Poetik der Dinge von Clemens J. Setz betrachten.
Klaus Kastberger (Graz): Science Fiction der Gegenwart. Zeiten, Dinge und Medien bei Clemens J. Setz
In welcher Zeit befinden wir uns, wenn wir Clemens J. Setz lesen und an welchem Ort? Ist es Graz oder ein virtueller Raum, an dem sich die Protagonisten dieser Texte aufhalten? Ist es die Gegenwart, die sie bevölkern oder eine antizipierte Zukunft? Dinge und Medien sind in dieser Literatur komplex miteinander verflochten, und die Zeitenfolge ist durcheinandergebracht. Gegenwart erscheint hier wie aus der Zukunft betrachtet und auch die Erinnerung ist ein Experiment.
19:00 CLEMENS J. SETZ im Gespräch mit Studierenden der Germanistik
Mit: Yasmin Al-Yazdi, Hannah Bönisch, Anna Hengstberger, Tamara Markel, Johanna Niedermair, Lisa Plattner und Rebecca Wallner.
Moderation: David J. Wimmer