BARBARA FRISCHMUTH: REDE ZUR WIEDERERÖFFNUNG DES LITERATURMUSEUMS ALTAUSSEE
Manuskriptblatt mit hs. Korr. 1. Bl. „Rede zur Eröffnung des Literaturmuseum Altaussee“, undat. [Juni 2007], unpag. [Bl. 1]. Vorlass Barbara Frischmuth am Franz-Nabl-Institut für Literaturforschung.
Die steirische Romanschriftstellerin, Kinderbuch- und Gartenliteraturautorin Barbara Frischmuth feierte vergangenen Juli ihren 75. Geburtstag. Mit Graz, der ersten Stadt, in der sie als junge Studentin gelebt hat und der sie noch heute gerne und regelmäßig Besuche abstattet, verbindet sie grundsätzliche Erinnerungen, die ein Stadtleben ausmachen.
Seit den ausgehenden 90er-Jahren ist die vielfach ausgezeichnete Autorin, Mitglied der Autorengruppe um das Forum Stadtpark und Kulturvermittlerin Frischmuth wieder in ihrem Heimatort Altaussee ansässig. Dort betreut sie seit geraumer Zeit mit viel Engagement, und seit 2005 als Obfrau, das mittlerweile im Kur- und Amtshaus von Altaussee beherbergte Literaturmuseum. Die von dem Altausseer Gendarmeriebeamten und Kunstfreund Alois Mayrhuber (gest. 1984) zusammengetragene Sammlung an hitorischen Exponaten, Text- und Bildmaterial von KünstlerInnen und sozialpolitisch engagierten Persönlichkeiten, die seit Mitte des 19. Jahrhunderts in der Ausseer Gegend gelebt oder hier ihre Sommerfrische verbracht hatten, bildete den Ausgangspunkt für das Literaturmuseum, wie es BesucherInnen heute vorfinden. Auf Material von mehr oder weniger bekannten (regionalen und überregionalen) Namen wie Jakob Wassermann, Marta Karlweis, Hermann Broch, Friedrich Torberg, aber auch auf längst verschollen geglaubte historische Dokumente über Land und Leute stößt man im akribisch über Jahrzehnte angelegten Archiv von Alois Mayrhuber, das 2015 zu einem großen Teil digital aufgearbeitet wurde.
Im Jahr 2005 siedelte das Literaturmuseum Altaussee vom Steinberghaus (Einfahrtsgebäude ins Salzbergwerk) in das in der Ortsmitte gelegene Kur- und Amtshaus, das zur Linken auf den von Frischmuth als „Literaturgarten“ konzipierten Kurpark und geradeaus auf den Altausseersee samt Bergkulisse blickt. Im Zuge eines Symposiums unter dem Titel „Das widerspenstige Salzkammergut“ wurden von 3. bis 5. Juni die neuen Räumlichkeiten eingeweiht. Das Veranstaltungsprogramm umfasste Vorträge und Diskussionen von und mit HistorikerInnen aus dem Umland, aus Graz und Wien sowie Lesungen junger AutorInnen. Olga Flor las aus ihrem damals gerade erschienenen Buch Talschluss (2005). Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und Landeshauptfrau Waltraud Klasnic, die ein Sonderbudget für die Adaption der Museumsräumlichkeiten bewilligt hatte, zählten zu den Ehrengästen.
Abschließende Worte zu dieser mehrtägigen Veranstaltung findet Barbara Frischmuth in ihrer Rede: Während sie sich bei FörderInnen des ihr am Herzen liegenden Projektes bedankt, distanziert sie sich gleichzeitig von populistischen Tendenzen, die die steirische Landespolitik anlässlich der Aufnahme der Türkei-Beitrittsverhandlungen anzunehmen drohte.
Literatur und Literaturvermittlung bedeuten für Frischmuth insbesondere kulturelle und kreative Vielfalt und positionieren sich selbstverständlich im sozialpolitischen Bereich. Pluralität und vor allem die weitgehend unbekannte Vielfalt des Islam inspirieren auch den Großteil von Frischmuths Erzählwerken, wie z. B. Das Verschwinden des Schattens in der Sonne (1973), Die Schrift des Freundes (1998) oder Der Sommer, in dem Anna verschwunden war (2004).
Ziel des Literaturmuseums und von dessen (größtenteils ehrenamtlichen) MitarbeiterInnen ist bis heute ein ähnliches, nämlich die Darstellung der vielfältigen und fruchtbaren Wechselwirkungen von Einheimischen, Landschaft und den zahlreichen in- und ausländischen SchriftstellerInnen, die bis heute das Ausseerland als Quelle der Inspiration, als Ort der Begegnung mit der Natur und mit anderen namhaften KünstlerInnen aufsuchen.
Marietta Schmutz