Ödön von Horváth: Historisch-kritische Ausgabe
Bei den sämtlichen Werke Ödön von Horváths (1901-1938) handelt es sich um eine historisch-kritische Edition. In neunzehn Bänden umfasst sie alle abgeschlossenen und Fragment gebliebenen Werke des Autors sowie alle Notizbücher, Briefe und Lebensdokumente. Der literatur- und theaterwissenschaftlichen Forschung bietet die Ausgabe eine seit langem geforderte, vollständige und gesicherte Text- und Quellenbasis eines der wichtigsten und populärsten Vertreter der literarischen Moderne.
Digitale Editionen aller Stücke Ödön von Horváths ergänzen und erweitern die historisch-kritische Ausgabe um Möglichkeiten der Digital Humanities. Neben einer interaktiven Wiedergabe der Dramentexte, die nach etablierten Standards (XML; TEI:P5) ausgezeichnet wurden, erlaubt die digitale Edition die Darstellung von Dramennetzwerken und zahlreiche elementare statistische Auswertungen. Die einheitliche, konsistente Auszeichnungspraxis erlaubt Vergleiche auch über die Stückgrenzen hinaus.
Der Verlag de Gruyter publiziert die Bände der historisch-kritischen Ausgabe in Buchform und als eBook. In den Fällen, in denen seitens des FWF für ausgewählte Einzelbände eine Publikationsförderung gewährt wird, werden solche Bände insgesamt als Open-Access-Publikationen angeboten.
Die historisch-kritische Ausgabe Ödön von Horváths findet nicht nur in der literaturwissenschaftlichen Forschung, sondern auch im Bereich der zeitgenössischen Theaterpraxis große Resonanz. In einer weithin wahrgenommenen Inszenierung von Kasimir und Karoline am Residenztheater München im Herbst 2011 bezog sich beispielsweise der berühmte Regisseur Frank Castorf zentral auf die neue Edition und stellte den dort nachvollziehbar gemachten Produktionsprozess des Textes direkt auf die Bühne.
Die Arbeit an der Ausgabe wird durch zahlreiche Vermittlungsaktivitäten gerahmt: Leseausgaben der wichtigsten Werke Horváths sind bei Reclam erschienen (Kasimir und Karoline, Geschichten aus dem Wiener Wald, Jugend ohne Gott, Glaube Liebe Hoffnung, Der ewige Spießer), in Lehrveranstaltungen an germanistischen und theaterwissenschaftlichen Instituten werden Student:innen an die Bände herangeführt und im Rahmen von Workshops und Symposien arrivierte Forscher:innen sowie der studentische Nachwuchs ermutigt, sich mit der werkgenetischen Edition und den von ihr neu begründeten Interpretationsmöglichkeiten am Werk Ödön von Horváths auseinanderzusetzen. Zudem wurde im Rahmen der Projektlaufzeit ein von der Forschung seit langem gefordertes Horváth-Handbuch vorgelegt.