Archive für Literatur: Der Nachlass und seine Ordnungen
Der Nachlass und seine Ordnungen
Linz, 19.4.-21.4.2017
Eine internationale Konferenz in Kooperation des Franz-Nabl-Instituts für Literaturforschung und des Adalbert-Stifter-Instituts des Landes Oberösterreich
Konzept, Organisation: Petra-Maria Dallinger, Klaus Kastberger
"Archive für Literatur!“ verlangte Wilhelm Dilthey in einem später berühmt gewordenen Vortrag aus dem Jahr 1889. Heute sind solcherart geforderte Lagerstätten literarischer Vor- und Nachlässe, die möglichst in öffentlichem Besitz und für die wissenschaftliche Forschung frei zugänglich sein sollten, an verschiedenen Orten eingerichtet. Literaturarchive funktionieren entweder als autonome Institutionen oder eingebunden in Bibliotheken, Universitäten, Gedenkstätten oder Museen. Sie sind Orte der Verwahrung und Verwaltung des literarischen Erbes, Stätten der Forschung, aber auch Schauplätze kultureller Hegemonien im Einflussbereich politischer Macht. Erwachsen ihnen daraus nicht alle klassischen Konflikte und Probleme, die die Geschichte des Archivs im europäischen Raum prägten?
Die Konferenz setzte sich mit der (Ideen-)Geschichte des Literaturarchivs, seinen institutionellen Hintergründen, Bedingungen und Voraussetzungen sowie mit einer möglichen Theorie des Literaturarchivs im Rahmen einer allgemeiner gedachten „Archivologie“ auseinander. Dabei waren Fragen an die Bestände des Literaturarchivs zu stellen: Was überhaupt ist ein Nachlass? Nach welchen Prinzipien ist er geformt? Wer bestimmt, was von einer literarischen Hinterlassenschaft bleibt und ins Archiv genommen wird? Wie steht es um das Verhältnis von Kanon und Literaturarchiv? Wie setzt sich in der archivtechnischen Ordnung des Nachlasses die reale Arbeitsumgebung des Dichters um? Was bleibt von der „Werkstatt des Dichters“ in den Ordnungen des Archivs? Wie weit reicht die (postume) Werkherrschaft des Autors und was leistet im Material die Signatur des Archivs?
Die Konferenz unternahm den Versuch, Fragen zum prinzipiellen Status des Literaturarchivs und seiner Bestände in einer Form nachzugehen, die über das einzelne Fallbeispiel hinausreicht. Dabei sollte zwischen Literaturwissenschaft, Archivwissenschaft, Archivtheorie, Kulturwissenschaft und der Praxis des Archivs ein gemeinsames Gesprächsfeld etabliert werden.
Bei der Tagung handelte es sich um die zweite Konferenz innerhalb einer vorerst auf fünf Veranstaltungen konzipierten Reihe. Eine erste Konferenz zum Thema „Die Werkstatt des Dichters. Imaginationsräume literarischer Produktion“ fand 2016 am Franz-Nabl-Institut für Literaturforschung der Karl-Franzens-Universität Graz statt.