Der „kleine Totentanz" Glaube Liebe Hoffnung entstand 1932/33 in Zusammenarbeit mit dem Münchener Journalisten Wilhelm Lukas Kristl (1903-1985). Basierend auf einer Gerichtsreportage Kristls über den Fall der Klara Gramm zeigt das Stück die tragische Geschichte der reisenden Händlerin Elisabeth, die durch die unbarmherzige Anwendung „kleiner“ Paragraphen zu Fall kommt. Eine geplante Uraufführung in Berlin 1933 wurde von der Machtübernahme der Nationalsozialisten verhindert. 1936 vor einem kleinen Publikum im Wiener „Theater für 49“ erstmals gespielt, gehört Glaube Liebe Hoffnung heute zu den am häufigsten inszenierten Stücken Horváths.
Mit Band 5 der Wiener Ausgabe liegt der gesamte überlieferte Textbestand erstmals historisch-kritisch ediert vor. Die Edition bringt Licht in lange strittige Fragen nach dem genauen Umfang der gemeinsamen Arbeit am Text: Kristl lieferte die Eckpunkte der Fabel und einige Rohszenen, Horváth überarbeitete diese Szenen, schrieb neue und verband sie mit verschiedenen anderen eigenen Einfällen und Überlegungen. Mittels seines bekannten cut-and-paste-Verfahrens erarbeitete Horváth drei unterschiedliche Fassungen des Stückes, wovon die früheste, in zwei Teilen gehaltene hier erstmals nachvollziehbar als Fragment rekonstruiert vorliegt.
Martin Vejvar